Der Film ist ausgesprochen sehenswert. Regisseur Marco Tullio Giordana hat es geschafft, aus dem Nebel von Gerüchten, Verschwörungstheorien, Halbwahrheiten und gesicherten Erkenntnissen einen Film zu machen, der uns Zuschauer als Kinoerlebnis begeistert und gleichzeitig die historischen Geschehnisse so ausgewogen wir nur möglich aufarbeitet. Bei Kostümen, Frisuren, Requisiten und Kulissen wurde genau darauf geachtet, die Zeit vor unseren Augen originalgetreu wieder zu beleben. Großartig ist auch die Porträtierung der Figuren, von der Hauptperson des Kommissars, die von einem brillanten Valerio Mastandrea gespielt wird, über den Anarchisten Giuseppe Pinelli (Pierfrancesco Favino) bis zu Aldo Moro, dessen charismatische Wirkung der Schauspieler Fabrizio Gifuni so überzeugend transportiert, dass man auch aus heutiger Sicht seine überragende Bedeutung für die damalige Zeit deutlich spüren kann. Überhaupt ist die Porträtierung der vielen Rollen und Nebenrollen vielleicht die größte Stärke dieses Films. Die handelnden Personen werden so lebendig, dass die historischen Ereignisse von damals für uns bestmöglich erklärt werden.
Damit erlangt der Film noch eine größere Dimension: er wird zum Spiegel der italienischen Gesellschaft und ihrer inneren Antriebe, Konflikte und Ängste der damaligen Zeit. Da diese bis heute nachwirken, ermöglicht uns dieser Film ein tieferes Verständnis dieses Landes und seiner sympathischen Bewohner.
Sprache und Extras:
Es wird korrektes Italienisch gesprochen, die italienischen Untertitel geben das Gesagte über weite Strecken exakt wieder. Es gibt aber auch eine Menge an Kürzungen der Sätze. Interessanterweise hört man ein paar Sätze echten Mailänder Dialekt, die nicht immer von untertitelt sind. Da auch eine Gruppe von Neofaschisten aus dem Veneto eine Rolle spielt, hört man auch mit venezianischem Akzent gesprochenes Italienisch.
Die Extras sind ausgesprochen interessant. Es gibt einen 49-minütigen Teil, der die Entstehung des Films beschreibt. Berichte von Zeitzeugen, Interessantes vom Regisseur, von den Schauspielern, den Drehbuchautoren, dem Produzenten und weiteren Mitwirkenden den Films, die fast schon wieder ein eigener Film ist, der fast genauso gut ist wie der eigentliche Film. Besonders berührend ist Pierfrancesco Favino, wenn er erzählt, wie er zur Rolle von Giuseppe Pinelli kam. Er war gerade im Begriff, ein Theaterstück über Pinelli zu schreiben, der ja in Polizeigewahrsam unter ungeklärten Umständen um Leben kam, was das Land ungeheuer aufgewühlt hat. Da las er in der Zeitung, dass Marco Tullio Giordana einen Film über den Bombenanschlag machen wolle. Er schrieb dem Regisseur eine Email, was dazu führte, dass er die Rolle bekam. Er hat dann ja auch den David di Donatello für die Rolle bekommen.