La stella che non c'è

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La stella che non c'è

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Gianni Amelios Spagat zwischen halbdokumentarischem Reisebericht und poetisch-metaphorischer Studie einer geradezu archetypischen Reise nach China.
 
Regie Gianni Amelio
Schauspieler Sergio Castellitto, Ling Tai, Angelo Costabile
Land Italien, Franzsisch, Schweiz, Singapur
Audio Italienisch
Untertitel Italienisch, Englisch, Franzsisch
Dauer 102
Erscheinungsjahr 08.08.2006
FSK Nicht geprüft. Diese DVD hat in Italien keine Altersbeschränkung.

Nach der Stilllegung eines italienischen Stahlwerkes wird der alte Hochofen an einen chinesischen Makler verkauft. Vincenzo Buonavolonta (Castellitto), dessen Nachname Wohlwollen oder gute Absicht bedeutet, platzt in ein rein chinesisches Abendessen, um um Erlaubnis zu bitten, einen Konstruktionsfehler der Maschine beheben zu dürfen, welcher bereits ernsthafte Unfälle verursacht habe. In seiner Aufregung und Unsensibilität trägt er Schuld daran, dass die junge chinesische Übersetzerin Liu (Tai Ling) bei dieser Konversation ihren Job verliert. Anstelle der sorgsamen Demontage des Ofens, wie es Vincenzo vehement empfiehlt, wird dieser doch unsanft mit Schweißbrennern aus den Fugen gerissen und nach China transportiert.

Aus Beweggründen, die dem Betrachter nicht erläutert werden, die jedoch aller Befremdung zum Trotz etwas unvermeidliches haben (Suche nach seiner beruflichen Identität, dem Sinn seines Lebens...?), fühlt sich Vincenzo bemüßigt, den Defekt um jeden Preis zu beheben und reist auf eigene Faust 'seinem' Hochofen nach China nach.

Szenenwechsel: Vincenzo findet sich wieder im brummenden aufstrebenden Shanghai. Nachdem ihm von den Maklern bescheinigt wird, der Ofen sei in eine entlegene Stadt transportiert worden, spürt er auf wundersame Weise Liu auf und überredet sie ihn zu begleiten. Hier beginnt das eigentliche Roadmovie, denn Vincenzo und Liu begeben sich auf eine lange, mühevolle Reise. Zunächst per Schiff auf dem Jangtse, weiter per Bus zu Lius Heimatdorf, wo Vincenzo sich konfrontiert sieht mit Armut, sozialen Missständen und vernachlässigten Kindern. Von industrialisierten Ballungszonen zu überfüllten Stadtrandgebieten bis zu den ärmsten Dörfern am Land begleiten wir Vincenzo und Liu durch China auf einer Reise, die ein Stück Slow Travel par excellence ist.

Im Film äußert sich der ansonsten wenig gesprächige Vincenzo wie folgt:
'La Cina non me l'aspettavo così'(So habe ich mir China nicht vorgestellt.)
In dieser Terra Incognita scheint sich Vincenzo, der keinerlei Kontakt mit der Heimat sucht, mehr und mehr zu verlieren, wenngleich er seinen Weg unbeirrt fortsetzt.

Vincenzo, dessen Lebensgeschichte uns verborgen bleibt, erleben wir als einsilbig (Spiegel einer allgemeinen Sprachlosigkeit zwischen Menschen, Kulturen, Generationen...?) - teils ein wenig barsch und doch höchst sensibel und empfänglich für die neue so fremde Umgebung; idealistisch und entschlossen sein Ziel verfolgend. Man kann trotz einer gewissen Absurdität seines Unterfangens seine (Schatz-)Suche nur bewundern. Sinnlos mag sie erscheinen und doch mit einer zumindest durch alle Mittel des Films suggerierten tieferen, ja metaphorischen Bedeutung. Geht es in Wahrheit um seine Selbstfindung?

Sein weibliches Pendant findet er in der jungen Sprachenstudentin Ling. Ihr Gesicht, das wir in langen Kameraeinstellungen studieren dürfen, strahlt einen berührenden Ernst und dabei doch einen ironischen Humor aus. Von ihr erfahren wir im Verlauf des Films, dass sie Mutter eines unehelichen und nicht gemeldeten Kindes ist und damit in China am Rande der Gesellschaft lebt. Vincenzo empfindet diesen Schmerz Lius sehr; mit ihrem Sohn freundet er sich an. Die Szenen ihres gemeinsamen Spiels sind wie schüchterne Sonnestrahlen an einem verregneten Tag.
In diesen unterpriviligierten Milieus scheint der nackte Existenzkampf jeglichen anderen Aspekt des Lebens abzutöten und die Rechte der Schwächsten, mit Füßen getreten zu werden. Hier ist Amelios Film sozialkritisch und politisch.
Vor diesem trostlosen Hintergrund trifft die Einsamkeit zweier Menschen aufeinander. Sanft zeichnet Amelio die allmähliche Annäherung nicht nur zweier Menschen, sondern auch zweier Kulturen nach, die zunimmt mit der Strecke, die sie gemeinsam zurücklegen. Das verbindende Element ist eine, nicht romantische, Zuneigung, getragen vor allem vom wechselseitigen Wunsch, den anderen zu beschützen bzw. ihm beizustehen.
Neben den Gesichtern der beiden Protagonisten werden die Landschaften dieser entlegenen Gegenden Chinas ebenso mit fast psychologischer Intensität in zahlreichen Schattierungen von Grau und Braun eingefangen. Regengrau und weite Ebenen und die dazu passenden Panoramaeinstellungen und Kamerafahrten, untermalt von melancholischer Musik, ziehen den Zuschauer in hypnotischen Bann.
Welchen Stern Vincenzo am Ende findet bleibt ebenso lückenhaft in Szene gesetzt wie viele der Hauptmotive, die den Film zwischen den Zeiten und Kontinenten aufspannen. Mag sein, Vincenzo, der 'Siegende', gelangt am Ende gar zu einem anderen Ziel, als das, dem er sich mit geradezu sturer Entschlossenheit quer durch China folgt. Vielleicht verliert er nur deshalb einen Schatz (das bis zuletzt wohlgehütete Ersatzteil), um ihn gegen einen anderen einzutauschen? 'Io sono stato fortunato' (Ich hatte Glück). Mit diesem Ausspruch Vincenzos schließt der Film, dessen letztes Setting ein kleiner Bahnhof in der Steppe ist. Liu und Vincenzo sitzen an den Gleisen, die sich gegen den Horizont hin verlieren. Alles weitere bleibt der Fantasie des Zuschauers überlassen, allein inspiriert durch das schüchterne Lächeln der beiden Protagonisten, die vielleicht ein Heilmittel gegen die Einsamkeit gefunden haben.

Odyssee zwischen dem altem Europa und dem China an der Schwelle zur Moderne, das für Protagonist und Zuschauer gleichermaßen unbekanntes Land bleibt, sogleich es längst einer der wichtigsten Player in unserer globalisierten Welt geworden ist.
Trotz oder wegen seines minimalistischen Stils gelingt Gianni Amelios Film der Spagat zwischen halbdokumentarischem Reisebericht in brillanten Bildern und poetisch-metaphorischer Studie einer nicht nur geografischen sondern geradezu archetypischen Reise.
(Elisabeth Strixner, München)